Für Clowns gibt es keine Michelin-Sterne. Peter Shub (Foto) hätte drei verdient. Er kitzelt alle Facetten des Lachens aus dem Publikum – so wird die Palazzo-Show zum zehnten Geburtstag in Stuttgart ein Hit.
Trenchcoat, Hochwasserhosen und ein Hütchen. Damit stolpert der amerikanische Ausnahme-Clown Peter Shub, 56, einst Publikumsliebling bei Roncalli und dank seiner Auftritte im Friedrichsbau auch in Stuttgart verehrt, in den Schlamassel des Alltags. Ob er nun einen widerspenstigen Zollstock zähmt oder von der eigenen Hand am Hals gepackt wird, die sich im Ärmel eines herrenlosen Mantels verirrt hat – die Premierengäste der Dinner-Show Palazzo auf dem Cannstatter Wasen wissen nicht, was sie nun besser finden sollen. Das Menü von Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt, der zum zehnten Geburtstag des Spiegelzelts in Stuttgart die Teller so üppig füllen lässt wie noch nie (von wegen „alles so übersichtlich“ beim Gourmetkoch, diesmal wird man richtig satt). Oder die skurrilen Episoden des US-Clowns, der sein Publikum mit Chaos packt, in dem Poesie steckt.
Da haben sich fürwahr zwei Meister ihres Fachs zusammengetan – zwei Meister von Comedy und Cuisine.
Die Show zum zehnten Geburtstag verspricht „Fools für Love“ – wie verrückt ist es doch, zu lieben! Das Hamburger Unternehmen Palazzo, das mit dem Expandieren aufgehört hat und sich auf die sechs umsatzstärksten Städte konzentriert (Hamburg gehört nicht mehr dazu), überlässt beim kleinen Jubiläum in Stuttgart nichts dem Zufall. Zehn Jahre sind ein Kindergeburtstag, zu dem ein Komiker bestens passt, der mit 56 ein großer Junge geblieben ist. Die Show zum Zehnjährigen wurde vor einem Jahr in Wien perfektioniert. Die Regie verbindet die einzelnen Artistiknummern mit irren Einfällen und einem punktgenauen Timing zu einem witzigen Gesamt-Kunst-Durcheinander. An der Seite von Peter Shub steht die durchgeknallte US-Diva Amy G., die mit schlüpfrigen Einlagen dafür sorgt, dass der Kindergeburtstag nicht ganz jugendfrei ist. Da kann es passieren, dass sie einer Dame im Publikum an die Oberweite fasst oder auf den kleinen Unterschied abhebt, für den ein einziger Buchstabe sorgt. Sie möchte „erst genommen“ werden, sagt sie im Gelächter, bis sich herausstellt, dass sie ein N unterschlagen hat. Amy will eigentlich „ernstgenommen“ werden – aber bei ihr ist wohl beides dasselbe. „Happy Schwaben overthere“, posaunt sie ins Spiegelzelt und flirtet die ganze Nacht mit einem Herrn am vorderen Mitmach-Tisch, der auf die Frage nach seinem Namen mit „Alex“ antwortet – es ist Alexander Pusch, der Olympiasieger im Degenfechten von 1976.
Zehn Jahre sind keine besondere Zeitepoche – in der schnelllebigen Entertainment-Branche aber doch etwas Besonderes. Das Stuttgarter Publikum, weiß man bei Palazzo, ist dank der langen Varieté-Tradition mit dem leider in der Existenz bedrohten Friedrichsbau verwöhnt. Da hilft nur, große Talente der Artistenwelt zu verpflichten. Die Auswahl der Geburtstagsshow überzeugt – wie auch das Menü mit Carpaccio vom Kalb, mit Kabeljau-Schnitten und der glasierten Perlhuhnbrust (nur das Dessert war etwas zu kompakt). Die Premierengäste (gesehen: Fools Garden, die Binder-Optik-Chefs Gabriele und Helmut Baur, Travestie-Lady Frl. Wommy Wonder, Tänzer Emil Kusmirek, die Designer Tobias Siewert und Manuel Kloker, der frühere Minister Ulrich Goll, die SWR-Moderatoren Stefan Siller und Michael Branik) schwärmten. Vor allem Peter Shub hat es ihnen angetan.
Ein Verrückter zum Verlieben – mit Vernunft allein kommt man nicht durch diese Welt.