Das Foto zwei von Berti und mir entstand, bevor der Pocher (Foto eins von Julian Rettig) kam. Wir haben bis zum Ende durchgehalten, während etliche von uns vorher gegangen sind. Es war gut, dass wir geblieben sind. Berti und ich waren uns sofort einig: Das können wir dem Pocher nicht durchgehen lassen. Hatte meinen Ohren nicht getraut, als er eine Frau gefragt hat, ob sie schon mal gebumst hat – und die „kleine, miese Type“ (Harald Schmidt über Pocher) zog nach ihrem Nein die widerlichen und beleidigenden Anspielungen durch die ganze Show.
Bin am Ende nach vorne gegangen, um mit Pochers Spottopfer zu reden. Die Frau saß verstört auf ihrem Stuhl – um sie herum waren fast alle schon gegangen. Ich versuchte sie zu trösten. Auf keinen Fall dürfe das gesendet werden, sagte sie, ihr Arbeitgeber dürfe nichts davon erfahren. Was die Leute auf dem Platz über sie denken, sei ihr egal.
Ich schlug vor, sie mit zum SWR-Team zu nehmen im VIP-Bereich. Sie war sehr froh darüber und kam mit. Was dann geschah, steht inzwischen in allen Zeitungen quer durch Deutschland. Die meisten haben korrekt mit Quellenangabe von mir abgeschrieben.
Schon am Sonntagabend sagte ich den SWR-Leuten, sie sollten sich zu dem Fehler bekennen, einen wie Pocher eingeladen zu haben. Das lehnten sie ab. Auch am nächsten Tag erkannte der SWR nicht den Ernst der Lage. Zunächst bekam ich nur ein knappes Statement mit zwei Sätzen vom SWR zu dem Vorfall. Ich stellte fünf weitere Fragen, von denen mir nur zwei beantwortet wurden. Vergeblich versuchte ich, die Verantwortlichen zu erreichen. Erst als ich Rabatz machte, bekam ich einen Rückruf. Es blieb bei der Erklärung, der SWR bewerte künstlerische Programme nicht.
Drei Tage hielten die öffentlich-rechtlichen Kämpfer für die Freiheit der Kunst durch. Doch der Druck war zu stark. Sie knickten ein. Am Dienstagabend endlich veröffentlichte der SWR „in eigener Sache“ eine Erklärung des Bedauerns, was ich schon am Sonntag gefordert hatte.
Seitdem bekomme ich unzählige Dankesmails. Einer schrieb mir, er habe schon vor dem Festival der SWR-3-Redaktion geschrieben, es könne doch nicht deren Ernst sein, einen wie Pocher einzuladen.
Die Antwort von SWR 3 lautete: „Vielen Dank für deine Nachricht. Oliver Pocher ist aktuell sehr populär, multimedial, schlagfertig, unpolitisch und ein polarisierendes Medienphänomen Mit welchem Recht sollen wir als Anbieter, der für alle da sein soll und will, hier bestimmte Artisten oder ein bestimmtes Publikum aussperren? Als ein Programm, das für Vielfalt in allen Bereichen steht, gehört zur Ausgewogenheit eben auch, bestimmte Dinge auch mal auszuhalten. Liebe Grüße vom SWR3 Team“
Okay verstanden, es geht dem SWR um Vielfalt. Gehört zur Vielfalt, Menschen zu beleidigen, sie bloßzustellen und sich über ihr Intimleben lustig zu machen? Das war eine widerliche Art der sexuellen Belästigung. Aber gut, der SWR hat es inzwischen eingesehen, besser spät als nie. Auf meine Anfrage per Mail hat Oliver Pocher nicht geantwortet, er hat sich aber jede Story von mir mit den Artikeln über ihn angesehen, wie mir Instagram verrät.
Da wollte sich der SWR vor der Vergreisung retten, mal was für die Jungen tun, sie endlich für sich gewinnen – und prompt ging’s voll daneben. Aus Fehlern kann man lernen. Wir bleiben dran