Wie ich zu einem VfB-Sondertrikot Vielfalt kam. Zweieinhalb Stunden hatte ich viel Spaß auf dem VfB-Truck am vergangenen Samstag beim CSD in Stuttgart. Ja, den Kerl mit schwarzem Shirt, der sich auf dem Foto grad umdreht, kenn ich gut. Die Herren rechts von mir kennt ihr alle: den VfB-Vorstandschef, den VfB-Präsident, den Landwirtschaftsminister – auch die waren super drauf. Danke an Christoph Schmidt fürs Fotos. Es war voll auf der Strecke, eine irre Stimmung, überall Hochgefühl. Manche meinen, es sei nicht nur der größte CSD in Stuttgart aller Zeiten gewesen, sondern auch der beste. Bei dieser tollen Atmosphäre hätte niemand gebraucht, was danach geschah. Ein schwarzer, vermummter Block hat den CSD-Wagen angegriffen. Völlig bescheuert!
Bin rasch vom VfB-Truck gesprungen, um mit den überwiegend schwarz gekleideten Demonstrierenden zu reden, natürlich auch mit den CSD-Leuten und der Polizei. Die Aktivist*innen sagten mir, sie seien die Antifa, sie protestierten gegen die Teilnahme der CDU beim CSD, die Aktion sei aber auch Rache an Freiburg. Was daraufhin folgte, wissen wir. Es gab einen Aufschrei quer über Parteigrenzen. Selbst das Stuttgarter Antifa-Aktionsbündnis hat sich von den angeblich aus Reutlingen stammenden Angreifer*innen distanziert, aber die „Kolleg*innen“ viel zu sanft behandelt. Eine deutliche Kritik liest man da nicht. Da steht nur, „das ist nicht unsere Aktionsform“. Stattdessen hätten sie schreiben müssen: Seid ihr völlig bescheuert? Habt ihr nichts aus der Geschichte gelernt? Geht es euch nur um Randale?
Denn nur diese Gruppe wohl aus Reutlingen ist dafür verantwortlich, was bundesweit zu hören und zu lesen war: Dass es einen Angriff von links beim Stuttgarter CSD gab. Und was schreibt das Aktionsbündnis? Die Medien seien schuld an dem negativen Nachklang in der überregionalen Berichterstattung. Wieder mal die alte Geschichte: Geköpft werden die, die die schlechte Nachricht überbringen, nicht die, die dafür die Verantwortung tragen. Ein sehr verzerrtes Bild wird da gezeichnet.
Stundenlang war ich mittendrin, hab also alles erlebt, hab auch mit den Leuten des „schwarzen Blocks“ geredet. „Die Medien“ mussten darüber berichten, was geschehen ist, diese Angreifer*innen waren nun mal keine Rechten. Ganz stolz haben sie gesagt, sie seien links. Und wir haben auch geschrieben, Antifa sei nicht gleich Antifa. Trotzdem werden Medien beschimpft. Aber das sind wir ja gewohnt von dieser Seite.
Antifaschistisch sind die meisten Parteien. Aber wenn es zu solchen Ereignissen wie beim CSD kommt, werden Vorurteile nur bestätigt. Die da heißen: Die Antifa hat Spaß an der Randale, will provozieren, hängt sich an große Veranstaltungen dran, um aufzufallen. Mit anderen Worten: Die kann man nicht ernst nehmen.
Und noch was zu den großen Unternehmen, die bei der Parade dabei sind, was den Kritiker*innen nicht passt: Die Initiative dazu kam fast immer von der Belegschaft. Da hat nicht die Chefetage beschlossen, wir gehen da hin, um Werbung zu machen. Das wollen die Mitarbeitenden. Natürlich muss man aufmerksam folgen, ob das Engagement das ganze Jahr hält.
Auch wenn die Parade so ärgerlich zu Ende ging, bleib ich dabei, was ich in dem Zeitungskommentar geschrieben habe: Es war eine guter und großer Tag für Stuttgart! Dass die VfB-Oberen mit dem schwulen Fanclub Stuttgarter Junxx mitgefahren sind (und wie die tanzten!) , war ein wichtiges Zeichen. Der Fußball ist eines der letzten Bereiche, wo es noch viel zu tun gibt für die Sichtbarkeit der Vielfalt. Danke an den VfB für das Vielfaltstrikot. Ich werde es in Ehren halten