Er möchte, dass die Hosen bunter werden und die Menschen immer freier. Empört ist er, dass Schwule unter Generalverdacht stehen, wenn sie Blut oder Organe spenden wollen. Damit unterstützt Thomas Rath den Stuttgarter CSD-Protest. Der Düsseldorfer Designer zu Besuch in unserer Stadt.
Heute so, morgen ganz anders. Thomas Rath, 46, Jurymitglied an der Seite von Heidi Klum bei „Germany’s Next Topmodel“, findet auf der Klaviatur der Abwechslung immer neue Töne. Er hat schon 55 Brillen. Doch die reichen natürlich noch lange nicht aus. Kürzlich übertrug er seinen Besuch beim Optiker quasi live im Internet. Bei Facebook postete er etliche soeben aufgenommene Fotos von sich mit wechselnden Gestellen. Welche Brille steht ihm am besten? Innerhalb weniger Minuten hatte sich die Mehrheit festgelegt. Ein schwarzes, Nerd-ähnliches Modell von Tom Ford sollte es sein. Na gut. Damit reiste der 46-Jährige nach Stuttgart zum Ladys Dinner von Breuninger. Der Fernsehheld trug Fliege und rote Jeans. Wäre an sich nicht erwähnenswert. Rote Hosen sind, was ich nie begreifen werde, bei Männern gerade äußerst beliebt. Doch die Hose, die Rath in Stuttgart trug, stammt aus seiner eigenen Frauenkollektion. „Damengröße 36 passt mir“, sagt er, „meine ist obendrein oversized.“ Halb Mann, halb Frau? Manchmal geht alles irgendwie zusammen.
Als männlicher Nicht-rote-Hosen-Träger schloss man mich natürlich an diesem Frauenabend aus. Aber am nächsten Morgen habe ich ausführlich mit dem freundlichen Farbenfan telefoniert. „Es war wunderbar“, jauchzt er, „die Stuttgarterinnen sind blendend angezogen!“ Von den 35 Damen seien nur zwei in Schwarz erschienen. Ach, diese Buntheit liebt er!
Weil die Menschheit ernsthafte Probleme hat, lenkt sie sich gern mit unwichtigen Dingen ab.“Bild“ hat diese Woche die „Unten-Ohne-Debatte“ nach dem Auftritt von Heidi Klum in der US-Show „Projekt Runaway“ eröffnet. Angeblich saß sie ohne Slip und ohne Höschen da wie einst Sharon Stone in „Basic Instinct“. Was sagt Thomas Rath dazu? „Ach“, flötet er ins Telefon, „die Heidi trug einen hautfarbenen Slip ohne Nähte.“ So gut versteht er sich mit der Topmodel-Mama, dass er wohl auch nächstes Jahr wieder in ihrer Jury sitzen wird. Einst kleidete der gebürtige Kölner Stars ein, dank der TV-Sendung ist er nun selbst ein Sternchen. In der Branche gilt er als Arbeitstier, nicht so sehr als Träumer. Erst vor zwei Jahren traute er sich, seinen eigenen Namen in seine Kollektionen zu schreiben. Früher war der Italo-Fan, der seit zehn Jahren mit seinem Sandro verpartnert ist, Chefdesigner für Windsor, Mulberry, Kathleen Madden, Riani und Wolfgang Ley (Escada). Jetzt steht sein Label für femininen Retro-Look.
Wir haben genug über Schönes gesprochen. Rasanter Themenwechsel. Was hält er von Organspende? „Ich bin dafür“, antwortet Rath, „ich habe einen Organspenderausweis.“ In Stuttgart soll es beim CSD um Blut- und Organspende gehen. Dürfen Schwule kein Leben retten? Christoph Michl, der Sprecher der Interessengemeinschaft CSD, berichtet, dass Spender nach ihrer sexuellen Veranlagung gefragt würden. Schwule gälten als Risikogruppe. „Diskriminierend!“, empört sich Rath. Er selbst sei aber nicht gefragt worden. Laut Bundesministerium für Gesundheit sind Homosexuelle von Organspenden nicht ausgeschlossen, aber von Blutspenden. Auf Anfrage erklärte das Ministerium: „Für die Lebendspende (zum Beispiel einer Niere) wird immer der Einzelfall abgewogen. So wird insbesondere die Spende einer Niere zwischen zwei zusammenlebenden homosexuellen Partnern grundsätzlich akzeptiert, wenn die notwendigen Tests durchgeführt wurden und die medizinischen Voraussetzungen für die Spende gegeben sind.“ Würden über Eurotransplant Organe angeboten, würde dies ausdrücklich mit dem Hinweis auf die Homosexualität des Spenders geschehen.
Verstehe. Da wird dann rumgerufen: Hey, braucht jemand eine schwule Leber? Der Mann aber, der in rote Damenjeans passt, ist so dünn wie seine Topmodels, dass man sich fragt: Hat Herr Rath überhaupt Organe?