Niemals würde sich der liebe Gott über Geschöpfe lustig machen, die er uns geschenkt hat. Den Herrn kann man nicht oft genug dafür preisen, dass ihm so eine Vielfalt gelungen ist.
Selbst Erdenbürger, deren Gitarre verstimmt ist und die nicht textsicher sind, haben dank seiner unerschöpflichen Gnade die Chance, groß herauszukommen. Sogar, wenn sie aus Böblingen kommen.
Was der liebe Gott mit Böblingen zu tun hat? Die Kindergesangsgruppe Böblingen hat bei You tube (sprich: ju-tjub), beim größten Internet-Videoportal mit täglich 65.000 neuen Clips, den Film einer Übungsstunde hochgeladen, in dem das Kirchenlied „Laudato Si“ auf unnachahmliche, also schwäbische Weise interpretiert wird. Dieses Video hat für dermaßen große Wellen im Netz mit über 120 000 Aufrufen gesorgt, dass sich Comedians wie Eure Mütter, die davon leben, komisch zu sein, bei einem Schüler geschlagen geben und den Link des „Laudato-Si“-Sängers neidlos herumschicken. Das kann wirklich keiner mehr toppen!
Was da als „Kindergesangsgruppe Böblingen“ angekündigt wird, ist in Wahrheit nur ein einzelner Schüler, der Käppi und Brille trägt und voller Inbrunst klampft, wie das sonst nur Pfadfinder tun, wenn sie unter sich sind. Gleichzeitig preist er die Schönheit der Schöpfung mit schwäbischem Unterton. Sobald sich der Nachwuchs-Dylan der zentralen Zeile des Kirchentag-Klassikers nähert, wackelt sein ganzer Kopf, bis er sich Erleichterung verschafft mit dem gesungenen Lob: „Denn du bischd wundrbaaar, Herr!“
Wundrbaaaar! Während sich die Stadt Böblingen ein Image zulegen will und dafür einen so genannten Image-Film ins Netz gestellt hat, ist ein Schüler zum Botschafter seiner Heimat mit Zehntausenden von Klicks geworden. Im besagten Image-Film, der bisher nur knapp 600 Aufrufe hatte, wird Böblingen als „Herz und Hirn des Innovationsmotors des Südwestens“ gepriesen. Böblingen sei der „Raum für Taten und Talente“
Der Gitarrenschüler hat gar nicht erst die Bestätigung dafür gesucht, ein Talent zu sein, sondern ist gleich zur Tat geschritten. You Tube ist die Bühne unserer Zeit, auf der unter Hunderttausenden von hochgeladenen Videos oft gerade jene Außenseiter siegen, die sich gegen Perfektion stemmen. Das ist ein gar nicht mehr kleiner Wink an alle: Wir wollen nicht nur die Schönen und Gelackten.
Im Netz wird nun eifrig diskutiert: Ist’s ein Fake oder ernst gemeint? Sind Schwaben peinlich? Ist es eine Gnade, im Badischen geboren zu sein? Wahrscheinlich wird alles noch ganz anders kommen: Demnächst wird der junge Mann bei You Tube Brille und Käppi runterreißen – und Hape Kerkeling kommt zum Vorschein.
Das Lied „Laudato Si“ ist dermaßen erfolgreich, dass es sich auch am Lagerfeuer größter Beliebtheit erfreut. An diesem Ort, an dem man mit wenigen Gitarrenkenntnissen zum Helden einer Nacht werden kann, wird der Text leicht variiert: „Sei gepriesen für Urlaub und Safari, sei gepriesen für Wodka und Bacardi.“
Der Herr freut sich über jedes Lobpreisen. Reißt Euch zusammen, liebe Blogbesucher, wenn Ihr nun bei You Tube das Lied „Laudato Si“ aufruft! Da gibt’s nichts zum Auslachen. Seien wir lieber dankbar, dass wir in der heutigen Zeit nicht immer vollkommen sein müssen, um es zu etwas zu bringen. Die Wege Gottes sind voller Güte. Des isch wundrbaaar, Herr!