Superklasse ist, wie mich mein Netzwerk immer wieder mit wichtigen und exklusiven Infos versorgt. Für einen Journalisten sind diese tollen Kontakte unbezahlbar. Leider muss ich gerade meine Informanten enttäuschen. Selbst die besten Hinweise kann ich nicht – wie sonst üblich – für Artikel in den Stuttgarter Nachrichten und in der Stuttgarter Zeitung verwerten. Denn die beiden Blätter werden gerade von der großen Mehrheit der Redakteurinnen und Redakteure bestreikt – auch von mir. Bis zum 1. Mai legen wir die Arbeit nieder. Es könnte nur der Auftakt sein für einen harten und langen Arbeitskampf, wie ihn die Zeitungsbranche seit Jahren nicht mehr erlebt hat. In der fünften Verhandlungsrunde in Berlin haben sich die Verleger kaum bewegt. Ich streike nicht gern. Aber bei der starren Haltung der Arbeitgeber bleibt uns nichts anderes übrig. Dabei ist die Ertragslage in den Verlagshäusern noch immer gut.
Es geht um die jungen Kollegen!
Das Angebot der Verleger liegt weit unter der Inflationsrate von etwa 1,8 Prozent. Wir müssten also einen Reallohn-Verzicht hinnehmen. Um die älteren Kollegen, die eingestellt wurden, als die Anzeigenteile der Zeitungen noch üppig gefüllt waren und die Verleger dicke Gewinne eingefahren haben, geht es in dieser Auseinandersetzung aber nicht so sehr. Es geht in erster Linie um die jungen Kollegen. Berufsanfänger bekommen nicht viel mehr als den Mindestlohn. Ohne Idealismus und Leidenschaft wird heute keiner mehr Journalist. Dabei werden zum Aufdecken der Fake-News gute Journalisten ganz dringend gebraucht. Viele junge Leute, die gut sind, gehen lieber in die Presse- und PR-Abteilungen von Audi, Lidl, Bosch oder zum SWR, weil sie da viel mehr verdienen. Der wunderbare Beruf des Journalisten hat ein Nachwuchsproblem, das fatale Folgen haben kann.
„Nehmen Sie unseren Idealismus nicht für selbstverständlich“, sagte eine Delegation junger Journalisten den Verlegern bei der letzten Tarifverhandlung in Berlin und warnte die Arbeitgeber: „Wir werden das sinkende Schiff im Notfall verlassen. Versuchen Sie nicht länger, den Journalismus kaputtzusparen. Sonst müssen Sie bald alleine an Ihrer Zukunft schrauben.“
Journalisten bitten um Unterstützung der Leserinnen und Leser!
Um doch noch einen unbefristeten Streik zu verhindern und die Verleger zur Vernunft zu bringen, sind wir auf Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Vielen fällt auf, dass der Umfang ihrer Zeitungen immer kleiner wird und es immer weniger interessante Artikel darin zu lesen gibt. Die Stehsätze sind bald abgeräumt. Gedruckt werden Füller und Agenturberichte – viele gute Texte fehlen, weil 90 Prozent der Redaktion von StZ und StN streiken.
Liebe Informanten meines Netzwerks, beschwert euch bei den Verlegern! Versorgt mich weiterhin mit Infos, die ich hoffentlich bald wieder in der Zeitungsarbeit verwenden kann. Denn wir Journalisten lieben unseren Beruf!