Wenn ein Badener und ein Schwabe zusammen ein Baden-Württemberg-Buch schreiben, geht das nicht ohne Streiten und Spotten. Überraschend gut haben sich ein Karlsruher und ein Stuttgarter bei ihrer Arbeit für den Spitzentitel des Silberburg-Verlags verstanden, also der Matthias Kehle und ich. Unser Buch erscheint im Herbst 2018.
Wir können alles. Außer sterben. Nein, ganz soweit ist’s noch nicht in Baden-Württemberg, aus dem der bekannteste und erfolgreichste Slogan aller Bundesländer stammt. Dort, wo man alles außer Hochdeutsch kann, leben aber laut Statistik die Menschen zwölf Monate länger als im Rest der Republik. Die Landeswerber sind stolz wie Bolle. Auf der Webseite http://www.bw-jetzt.de. unterbreiten sie Vorschläge, was man mit dem zusätzlich geschenkten Jahr anstellen kann. Man könnte „eine Affäre beginnen oder beenden“, ist zu lesen. Oder 365 Feierabendbiere mehr trinken. Oder einen Jahreswagen mehr fahren. Ist dies nicht zum Totlachen, wie lustig man im Land des Spätersterbens ist?
Doch woran liegt es, dass die Württemberger und Badener länger das Zeitliche auskosten und es erst später segnen? Am Trollinger? Am badischen Wein? Liegt es an der hohen Zahl der Sonnenstunden am Oberrhein, an den Oasen am Bodensee und der guten Luft im Schwarzwald? An den meisten Sternerestaurants von Deutschland und dem Ehrgeiz der Bewohner beim Tüfteln und Erfinden? Mobilisiert die Rivalität der Schwaben und Badener gar noch weitere Kräfte und stachelt zum gegenseitigen Übertrumpfen an?
Wehe, wenn einer „Badenser“ sagt!
Schwaben versus Badener. Mit meinem Kollegen Matthias Kehle, der in Karlsruhe als freier Autor lebt und viele Jahre Landesvorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg war, nehme ich für ein neues Buch die Streitfälle, Einmaligkeiten und Kuriositäten unseres Bindestrich-Landes unter die Lupe. Der Silberburg-Verlag hat uns engagiert. Der Auftrag lautet: Ein Schwabe und ein Badener schreiben aus ihrer Sicht auf, was bei uns typisch und anders ist.
Im Herbst erscheint unser Buch „Einmalig Baden-Württemberg“, für das der Matthias, der Karlsruher, und ich, der Stuttgarter, eifrig E-Mails hin und her schicken. „Kannst du im Kapitel über Bosch ein wenig Schwabenpatriotismus rausnehmen?“, fragt der Matthias. Aber klar doch, antworte ich, „wenn du die badische Lobhudelei beim Thema Wein und Genuss zurechtstutzt“.
Stuttgart ist Landeshauptstadt, Stuttgart ist Regierungssitz. Logisch, damit tut man sich schwer in Karlsruhe. Doch beim Doppelnamen wird erst Baden und dann erst Württemberg genannt. Etwa elf Millionen Menschen leben nicht in Württemberg-Baden, sondern in Baden-Württemberg. Uns Württemberger bleibt nur die zweite Stelle. Heulen wir deshalb?
Wenn ich den Matthias ärgern will, sage ich „Badenser“ zu ihm. Kein Mensch, schreibt er mir zurück, sage „Heilbronser“ zu den Heilbronnern. Außerhalb von Baden-Württemberg wird wenig unterschieden, manchmal gar nicht. Als der Kolumnist Jan Fleischhauer in „Spiegel online“ schrieb, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sei ein Schwabe, bekam er so viele Protestmails wie nie zuvor. Der CDU-Politiker ist in Freiburg geboren. Fleischhauer versuchte seinen Kopf mit dem Argument zu retten, dass außerhalb von Baden-Württemberg alle, die dort leben, als Schwaben gelten, so wie für die Bayern alle Norddeutschen Preußen sind.
Bisch du no ganz bache? Kumm, geh mer fort!
Matthias Kehle
Uwe Bogen
Der Matthias und ich verstehen uns überaschend gut. Unser Buch, sagt der Silberburg-Verlag, wird beweisen, dass die einzige Verbindung von Badener und Schwaben schon lange nicht mehr der Trennstrich im Landesnamen Baden-Württemberg ist.
Ganz aufs Streiten und Spotten verzichten wir trotzdem nicht. Streit ist immer auch Ansporn. Und es gibt ja so schöne schwäbische Schimpfworte! „Wie hemmers denn? Bisch du no ganz bache? Pass uff, oder ich hau di og’spitzt in de Boda! Des isch a granatamäßige Unverschämtheit! Heilandsagg!“ Und der Badener gibt kurz und knackig zurück: „Kumm, geh mer fort.“
