Der Checker vom Neckar will einen Kaffee mit mir trinken, sagt er, wenn er wieder in Stuttgart ist. Lohnt sich immer, unsere Stadt zu checken. Okay, Cosimo, ich nehm‘ dich mit ins Ruby, wenn du mit der Dschungelkrone heimkommst.

Das Ruby ist ne coole Bar. Hab ich zufällig entdeckt. Nebenan lief der Keller über mit Nostalgie. Das Haus nebenan wird abgerissen, steht nicht unter Denkmalschutz, was Johannes Milla, der Chef von Milla & Partner, überhaupt nicht versteht. Der Verlust der Fritty Bar im Hirschbuckel-Haus mit der Anschrift Königstraße 51 lässt sich verkraften, meint der Milla. Viel schlimmer sei es, dass Stuttgart auch den Rest um die Fritty Bar verliert, damit also eine Architekturikone des Brutalismus. Weltweit wird dieser Baustil der 50er und 60er Jahre, mit dem meist graue, aber funktionale Betonschwergewichte gemeint sind, trotz oder wegen aller Hässlichkeit bis heute geschätzt. Aber nichts zu machen. Bevor der Abrissbagger kommt, wird noch ein letztes Mal gebaggert da unten drin bei lauter Musik.

Das AT, das Roxy und Toy befanden sich seit den 70ern im Keller dieses Hauses. Also haben die nach so vielen Partystürmen, nach Abstürzen und nach Eheanbahnungen eine Abschiedsparty gefeiert. Bei so viel Back-to-the-roots, bei diesen irren Erzählungen über den Ölfuß, über erste Zungenküsse, beim Ringen, einige Meter vorwärts zu kommen in der Hitze der 80er, hab ich nach frischer Luft gejapst. Hab also die Flucht ergriffen und bin wenige Schritte weiter im noch leeren Ruby gelandet. Kann nur sagen: Wow!

Checker, da geh’n wir hin, wenn dich der Dschungel wieder ausspuckt. Den Cosimo Citiolo kenn ich aus dem Cavos. Bin kein Zuschauer von Fernsehtrash, kann mich nicht mal als „Dschungelcamp“-Fan aufspielen (hab‘ letztes Jahr nur ein paar Mal wegen Harald Glööckler reingeschaut). Dabei ist der Dschungel nicht nur die Resterampe für zum Spott freigegebene Promis, die so prominent sind, dass sie kaum bekannt sind, sondern stellt auch einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor für die Unterhaltungsindustrie dar, wahnsinnig viele Arbeitsplätze hängen da dran.

Also dem Checker drück ich ganz fest die Daumen, nicht nur, weil er aus Stuttgart kommt.

Cosimo verstellt sich nicht, ist direkt, ehrlich, sagt immer, was er denkt, haut zwischendurch mal einen daneben, damit nobody perfect ist, man kann wunderbar lachen mit ihm, vor allem auch über ihn. Der Artikel, den ich über seine Nominierung für den Dschungel geschrieben habe, hat ihm gut gefallen, sagt er. An einem Wort aber hat er sich gestört. Hab ihn als „Clown“ bezeichnet. Nein, als Clown sieht er sich nicht. Er meint das alles ernst. Hab dem Checker am Telefon erklärt (aus Angst vor einer Ansteckung mit Corona oder sonst was geht er bis zum Abflug nach Australien nicht mehr aus dem Haus, sein größter Traum soll nicht platzen), dass für mich als Zirkusfan ein Clown ein Großer ist, der Begriff also keine Abwertung ist.

Mensch, Cosimo, nur ein Clown aus der Doch-nicht-Spießer-Town Stuttgart schafft es, beim Verspeisen von Krokodilpenis und Warzenschweinhoden sein Lachen nicht zu verlieren. So ist Stuttgart eben. Da macht man nicht nur tolle Autos, Karriere oder Spitzenkultur, sondern auch Blödsinn. Also hol die Krone, Alter! Und dann zeig ich dir das Ruby!

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