Privat trägt er die Baseballmütze, nicht den schwarzen Hut: In privater Angelegenheit kommt Udo Lindenberg oft nach Stuttgart. Hier lebt sein Kumpel Ben Streubel (auf dem Foto links beim Karibik-Urlaub). Am Donnerstag macht der Panik-Präsident sein Riesending in der seit Monaten ausverkauften Schleyerhalle.
„Bitte stören“, steht auf dem Türschild, das man in Hotels ganz easy an die Klinke außen dranhängt. Das Zimmermädchen soll wissen, was zu tun ist. Auf dem Pappschild sehen wir die Silhouette eines schlanken Hutträgers von hinten. Den kennt jeder.Udo Lindenberg. Auf seiner Shop-Seite im Internet hab’ ich das Stören-Schild entdeckt inmitten eines Sammelsuriums an Devotionalien für die stille Panik-Andacht daheim. Der Hoteltür-Udo kostet nur 1,99 Euro. Alle Webauftritte des Nuschelkings stammen von der Stuttgarter Internet-Firma Seitenblick seines Kumpels Ben Streubel. Bitte stören! Das bringt mich auf eine Idee. Höchste Zeit, mal wieder Bennybär zu stören, wie Streubel, der SWR-3-Moderator, von Freund wie Feind wie Fan genannt wird – und vor allem aber von Frauen, die alle auf den schrägen Charmeur scharf sind (solang’ sie seine Stimme im Radio hören)
Es ist ein Uhr mittags. Ich ruf’ den Bennibär an. Da wird er bestimmt noch schlafen. Bitte stören! Streubel schichtet. Viermal die Woche moderiert er von Mitternacht bis 4 Uhr morgens die Sendung „Luna“ von SWR 3. Das Studio ist immer noch n Baden-Baden, weil die Radioleute gemeinsam älter werden und sich vorsorglich in der Seniorenresidenz von Baden-Baden zum betreuten Spaßmachen häuslich einrichten. Benny ist erst 41, also noch jung und denkt deshalb gar nicht daran, aus Stuttgart zu ziehen. Deshalb muss er durch die Nacht hin- und herfahren, kommt vor sechs Uhr in der Früh nicht ins Bett. Ich lass’ es zehnmal auf seinem Handy klingeln. Keiner geht ran. „Schlafpause“, ruf’ ich auf seine Mailbox.
Eine Stunde später meldet er sich. „Du weißt doch, vor 14 Uhr geht der Bennybär an kein Telefon“, flötet der Streubel. Im Moment geht er auch nach 14 Uhr nicht mehr ans Telefon. Alle wollen von ihm Karten für Lindenberg wulffen, „Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Freunde hab‘.“ Nein, wegen Karten ruf‘ ich nicht an, verklickere ich ihm. Ich höre Wasserrauschen. Der Kerl liegt mal wieder in seinem Whirlpool über der Königstraße. Der Radiomann ist einer der wenigen Bewohner von Stuttgarts Einkaufstraße. „Ich wollte nur wissen, wie die Auftaktshow von Herrn Lindenberg in Mannheim war“, sage ich. Udos Route 66 hat begonnen. Mit 66 Jahren startet er zur „Ich-mach-mein-Ding“-Tour durch ausverkaufte Riesenhallen und kommt am Donnerstag in die Schleyerhalle. Seit etwa zehn Jahren, als Udo mal in Bennys Sendung reintelefoniert hat, sind die beiden dicke Freunde. Sie machen Urlaub zusammen auf Kreuzfahrtschiffen, besuchen in Stuttgart das Porsche-Zentrum und das Variete´ Friedrichsbau, planen die Lindenberg-Stiftung mit Sitz in Calw. Streubel ist genetisch vorbelastet. Sein Vater war in den 1980ern der größte Lindenberg-Imitator vom Westerwald. Frauen haben es mit dem Bären von einem Benny nicht immer leicht – denn im Grunde ist er mit Lindenberg verheiratet.
Also, Streubel, wie war’s bei Udo? „Phänomenal“, jubelt er. Mit einem Zeppelin schwebe Lindenberg in die Halle. Die größten Hits aller Udo-Zeiten spiele er in neuen Fassungen. Überrascht ist Streubel, wie viel junge Fans kommen. „Der Clan der Indianer wird immer größer.“ Wer Udo stören will, wenn er durch Stuttgarts Straßen schlendert, muss aufpassen. Es könnte ein Double sein, die springen in Massen herum, wo immer die Tour Station macht. Der echte Udo dagegen zieht die Baseballmütze tief rein, wenn er mit Streubel etwa im Il Pomodoro am Wilhlemsplatz den Garnelen-Teller löffelt. Bisher hat mir Streubel nicht verraten, ob Lindenberg die Kopfbedeckung auflässt, wenn er in Bennys Whirlpool steigt. Untergegangen ist er jedenalls nicht. Es schien, als sei seine beste Zeit schon vorbei, da schoss er in bisher nie erlebte Höhen. So gesehen kann die Hamburger Nachtigall ein Vorbild sein. Glaube an dich, nach schweren Krisen wirst du wieder kommen. Ein Auf und Ab und Auf. Sind wir nicht alle ein bisschen Udo?