Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Helden! Es reicht schon lange nicht mehr, sich in weiche  Kinopolster zurückzulehnen und Draufgänger  wie  James Bond  voller Ehrfurcht  zu bewundern.  Nein, jeder von uns   muss über  sich hinauswachsen. Jetzt kommt’s auf jeden einzelnen   an.

Und deshalb sei  Ihnen gestattet,  diesen Blog  nicht bis zum Ende zu lesen – weil Sie zwischendurch was Wichtiges erledigen müssen.  „Ich muss nur noch kurz die Welt retten“, hat der Berliner Tim Bendzko vorbildlich   gesungen, „danach flieg ich zu dir.“ Beim Checken meiner 148 Mails fiel mir auf, dass ich  kürzlich  einen  wichtigen Rettertermin    versäumt habe – den Heldenmarkt.  In der Alten Kelter in Fellbach war „Shopping für Weltverbesserer“. Zwei Berliner haben den Heldenmarkt, in dem Waren  fair  und ökologisch hilfreich   gehandelt werden, zur Marke gemacht. Und die wird zur Erfolgsmarke in  vielen  deutschen Städten.

 Heldenmarkt! Das klingt gut, wie ich finde, weil da dieses Was-bist-du-mir-für-ein-Held mitschwingt, also  Ironie, Lockerheit  und nicht so verkrampfte Nachhaltigkeitsschwüre.  Auf einem Heldenmarkt schnallt man sich Gürtel aus Fahrradreifen um, trinkt Bio-Bier und trägt Turnschuhe aus recyceltem Material. Wir wissen, dass wir  der Liebsten keinen Rosenstrauß für 1,99 Euro kaufen dürfen (fair gehandelt müsste der Preis viel höher sein), sondern CO2  neutral  produzierte  Kondome aus Fair-Trade-Kautschuk. Kleine Schritte für  uns, große Schritte für die Gemeinschaft?

Jeder Konzern hält inzwischen das Modewort „nachhaltig“ auf seiner Homepage und in der Werbung hoch und sei es nur, um von eigenen Umweltsauereien abzulenken. „Nachhaltig“, das hört sich halt an nach:  „Wir machen weiter wie bisher, aber alles viel  netter.“  Da sind mir Helden lieber, die sich ein bisschen lustig über sich selbst machen, aber  doch was tun.

Von Herkules bis Superman, von  Jeanne d’Arc  bis  Lara Croft –  jede Epoche macht ihre Helden. Und in der Euro- und Klimakrise   müssen wir alle ein bisschen Hero sein. Die Zeit ist reif, um Helden  zu zeugen. Und wer dazu nicht in der Lage ist oder es gar nicht will, kann wenigstens einen Heldenmarkt besuchen und an Weihnachten nur Dinge verschenken, die das Etikett „weltverbessernd“ tragen.

Fühl dich gut für  den Augenblick! Mir ist’s neulich gelungen, trotz eines Missgeschicks im Stuttgarter Westen. Beim Einparken am Feuersee hatte ich mit der Anhängerkupplung  meines Autos das Fahrzeug hinter mir leicht touchiert. Ich entschuldigte mich mit einem Zettel, den ich samt meiner Telefonnummer  hinter den Scheibenwischer des beschädigten Wagens befestigte. Zwei Tage später  rief der Autobesitzer an und sagte, wie toll ich sei. Das sei heute gar nicht mehr selbstverständlich, dass man bei so einem geringen Schaden die Verantwortung übernehme. Lediglich das Kennzeichen war lädiert, weshalb die Werkstatt  des Geschädigten  eine Rechnung von 28,58 Euro schrieb. Das Geld habe ich überwiesen und bekam per E-Mail  lobende Worte für  mein  heldenhaftes, weil ungewohnt  verantwortungsbewusstes    Verhalten. Wie sich herausstellte, war ich auf das Auto des früheren Landesgeschäftsführers der Grünen Baden-Württemberg gestoßen. Aber das tut   eigentlich nichts zur Sache. Höchstens wenn man  bedenkt, dass der Gute mich nur   dann  zum Helden hätte   erklären dürfen,  wäre ich mit der S-Bahn und nicht mit dem Auto in die Stadt gefahren.

Aber es ist ein weiter Weg, bis  wir   nachahmenswert, fehlerfrei, makellos und  untadelig leben. Man sollte sofort damit beginnen. Ja wie, liebe Leserinnen,  liebe Leser, liebe Helden,  Sie haben diesen Blog ja doch bis zu Ende gelesen. Sie sollten besser  die Welt retten!

Ihnen gefallen bestimmt auch meine

weitere Posts