Tschä-Hoi, ihr Narren! Was sind die größten Brüller von Menschen, die ihre tollen Tage haben? Die höchsten Ausschläge im Zoten-Seismograph gehen in dieser Faschingssaison an zwei ältere Herren. An – TUSCH! – Thierse und Brüderle!
Schmeiß dich weg! Im Fall des Genossen Struwwelpeter erinnert der Vortragskünstler mit der Narrenkappe an das schöne Geld, das die Schwaben mit dem Länderfinanzausgleich in die Hauptstadt schaufeln. Bei der vielen Kohle, hohoho, müsste der Kudamm doch längst schon Pferdle- und Äffle-Platz heißen. Brüller!
Und beim Brüderle geh’n die Späßle so: Warum kann die Hälfte aller verheirateten Politiker nach dem Sex nicht einschlafen? Die müssen erst nach Hause fahren. Wahnsinn!
Möglicherweise ist in der Kehrwochen-Kapitale der kommende Donnerstag nicht ganz so schmotzig wie andernorts. Traditionell geht’s nun erst richtig los mit den saisonbedingten Schlüpfrigkeiten, gegen die nächtliche Dirndl-Fantasien harmlos sind. Doch Vorsicht! Zu Safer Karneval hat jene Vereinigung spaßwütiger Südländer aufgerufen, die es unterm Namen Free Schwabylon mit Spätzle-Attacken bis in die „New York Times“ geschafft hat. By The Rivers of Schwabylon! Die fordern uns via Netz nun auf: „Kein Sex mit Berlinern!“
Dabei vernaschen wir die Berliner gern. Am liebsten mit leckerer Marmelade als Füllung.
Doch wer hat’s erfunden? Wo kommt der ganze Frohsinn her? „Vor exakt 2500 Jahren wurde uns Griechen der Fasching von den Rheinländern geklaut“, versichert Petros von dem wie irre brummenden Partygriechen Cavos an der Lautenschlagerstraße. Stuttgart, steht in der Mail von Petros und Partnern, habe das im vergangenen Oktober eröffnete und von außen völlig schmucklose Lokal „sensationell“ angenommen. Würde der griechische Staat so florieren wie das Restaurant mit Serviettentanz, Europa müsste nichts mehr reinbuttern, sondern wär selbst bis auf unbestimmte Zeit gerettet. Im Netz häufen sich allerdings die Klagen über „Abzocke im Cavos“. Dort würden Tische oft doppelt verkauft, ist zu lesen. Man werde zum schnellen Verzehr genötigt. Cavos, Chaos und fliegende Servietten- Ruhe und Gemütlichkeit sind anderswo. Aber viele lieben genau diesen Trubel. Nicht nur bis Aschermittwoch.
Der Höhepunkt der Ekstase ist erreicht, wenn das Cavos am Rosenmontag „den Fasching zurückerobern“ will. Die Münchner Cavos-Zentrale macht’s Jahr für Jahr vor. Dort feiern die Griechen um den Weltmeistertitel in Exotik und Erotik. Als hätten sie die Brasilianer längst in den Sack gepackt.
In Rio wiederum besinnt man sich auf deutsche Stärken. Hat mir gerade Rio-Rapper MC Gringo alias Börni Weber gemailt. Börni war mal Prakti in der StN-Redaktion, in der ich arbeite. Die Sambaschule Unidos da Tijuca, schreibt er, wolle wie im Vorjahr Rios Karnevalskrone holen und werde mit dem Thema „Deutschland in allen Facetten“ durch die Straßen tanzen, also mit Schwarzwälder Kirschtorte und dem VW-Käfer.
Börni wird am Rosenmontag mit der Vila Rica, der Heimatsambaschule der Armenviertel, die Trommeln rühren – schließlich wohnt er in der Favela. Ganz genau: an der ‚Ladeira dos Tabjaras (Favela an der Copacabana in Höhenlage mit Wahnsinnsaussicht). Mein ehemaliger Kurzzeit-Kollege ist einer der wenigen Ausländer, die es schaffen, in einer Sambaschule beim Wettbewerb mitzutrommeln. Er spielt Tamborim, was innerhalb der Percussioninstrumente als das Schwierigste gilt. Wer das verstehen will, schreibt er, solle dieses Link anschauen.
„Wäre ich bei Unidos mitgelaufen“, erklärt er mir in seiner Mail, „wäre das in etwa so gewesen, wie wenn jemand in Degerloch am Königsträßle wohnt und zum VfB geht, statt nebenan zu den Blauen.“
Der Charme dieser „familiären Drittliga-Welt“ habe Pro Sieben angelockt. „Die wollen einen einstündigen Beitrag für ein Kulturmagazin drehen (Pro Sieben und Kultur ist natürlich schon bizarr), wo ich eine der Hauptpersonen sein werde.“
In Rio, so Börni, sind die Zeiten nicht einfach. „Zwar ist es jetzt in den Favelas durch die UPP (Befriedungspolizei) sicherer geworden, doch sind dadurch die Mietpreise explodiert, und wir arbeiten alle nur noch, um unsere selbst in der Favela hohen Mieten zu zahlen. Der Carnaval ist der Ausgleich für alles, der Moment, auf den wir alle warten.“ In Deutschland werde Carneval in Rio „oft nur als Exhibitionsfläche für leichtbekleidete Mädels verstanden“, schreibt Börni. „Bei uns ist der Samba ein Fest, das keine Rassenunterschiede, Altersunterschiede oder Klassenunterschiede kennt.“
Und bei uns setzen die Menschen Pappnasen und Narrenkappen auf. Erst feixen sie über Brüderle, dann machen sie ihn. Im Kostüm wagt man sich an noch dümmere Sprüche heran. So weit weg ist Rio von uns. Da helfen auch keine Griechen.