Stuttgart ist Spitze, hat man uns gerade mal wieder nachgewiesen. Wir sind Spitzenreiter  im Stillstand.  Unangefochten sind wir die deutsche Stau-Hauptstadt. Weltstadt eben.  Selbst in Paris, Rom oder Los Angeles kommen die Leute im Auto nicht stockender  voran. Laut  Navihersteller Tom Tom geht den  Stuttgartern  im Jahr 89 Stunden ihrer  Lebenszeit verloren. Solange hängen wir im Stau fest.  Dagegen küssen die Deutschen nur 32 Stunden im Jahr (was die Statistik eines  Herzschmerzverlags besagt).

Man kann zwar auch im Stau küssen. Doch meistens sind wir im Schleichverkehr allein,  das macht aggressiv. Gibt es deshalb so viele Wutschwaben bei uns, geht deshalb  auch politisch nix voran?  In Wahrheit härtet  die  Geduldsprobe  ab, dieses ständige Stop and go. Man  sollte das Positive am Stau sehen. „Yoga im Toyota“,  gibt ein Kollege als Parole aus.  Ein PR-Termin  beim Musical „Mamma Mia!“ passt   da perfekt  in die Gesamtsituation.  Wir Journalisten hocken im Palladium-Theater  ewig  rum  wie im Auto in Staugart, ohne dass was passiert.  Die  Verspätung  wird zwar  immer  länger, aber wir sind trotzdem gut drauf und machen Witze.

Hauptperson   beim  so genannten Waterloo-Day (vor 39 Jahren siegte an diesem Tag  Abba mit „Waterloo“ beim Grand Prix in Brighton, was die Fans weltweit zu ihrem Feiertag machen) ist  das hochschwangere Model  Monica Ivancan. Die 35-jährige Stuttgarterin will sich, der Presse und  den Kameras der Pro-Sieben-Sendung „Red“ beweisen, dass sie auch noch drei Wochen vor Geburtstermin  in die Musical-Glitzer-Rolle der Donna schlüpfen und zu „Super Trouper“ tanzen kann. Für  den einen Song aber nur, nicht für die gesamte Show.

Mamma Mia, wo ist Monica? Noch immer sitzen ihre  Musicalkollegen allein ratlos auf der Treppe im Schweinwerferlicht. Ist Monica etwa schon Mamma? Oder wird sie es  womöglich  gerade hinter der Bühne? 

Die Stage-Entertainment setzt  bei der Zweitauflage der Abba-Show  Playback häufiger ein als früher,  beherrscht aber nach wie vor die gesamte Klaviatur der PR.  Zur Premiere von „Mamma Mia!“ im Februar   behaupteten die Musicalmacher, die  Produktion bleibe nur ein halbes Jahr in Stuttgart  – dabei  hatten die Tänzer  von Anfang an Ein-Jahres-Verträge. Nach einer Woche  konnten die Stage-Sprecher dann stolz verkünden, die Spielzeit werde wegen der großen Nachfrage bis Ende Januar 2014 verlängert – nichts anderes war geplant. So funktioniert PR.  Gute PR verlässt sich nicht allein auf Wahrheit, sondern macht Show. 

 Am besten verkauft sich „Mamma Mia!“ durch Mund-zu-Mund-Propaganda.  Die meisten sind begeistert und erzählen es weiter.   Weil wir solange auf Monica Ivancan warten müssen, kann ich  mit dem ebenfalls wartenden Dirigenten Jörg Hilger über die Fans sprechen. „Überrascht“ ist er, wie jung das Publikum ist. Der Abba-Nachwuchs scheint gesichert. Viele der Jüngeren kennen die Hits zwar nur als Fahrstuhlmusik – aber im Musical zünden sie dann richtig.

Hilger, der  musikalische Leiter,  ist 1979, Monica Ivancan   1977 geboren.   Den  „Waterloo-Day“  am 6. April 1974 haben sie nicht miterlebt.  Die Tochter von Model Ivancan ist noch nicht mal auf der Welt, da tanzt sie schon zu Abba im Bauch mit. „Später zeige ich ihr die Bilder von heute  immer, wenn sie  lasch rumhängt“, sagt die in München lebende Stuttgarterin, „dann  weiß sie,  wie fit die Mamma vor der Geburt noch  war.“

Und was sagt der Papa?  „Der sagt, du bist verrückt, aber das passt zu dir.“  Die Gute schreckt vor nichts zurück. Die Älteren unter uns erinnern sich, wie sie  in der Sendung von Harald Schmidt eine Szene aus der „Blechtrommel“ nachstellte und sich vom Entertainer Brausepulver aus dem Bauchnabel lecken ließ. Übrigens ist  Schmidts ehemaliger Partner  Oliver Pocher nicht der Papa, worüber  sich die wartenden Journalisten  unterhalten.   Der Komiker  Pocher ist der Ex von Monica Ivancan.  Der Papa, verrät  die werdende Mutter nach ihrem Kurzauftritt, heißt Christian und sei kein Promi: „Der arbeitet im Büro bei einer Bank.“

Möge sie nur schnell zu Christian nach München eilen!  Nicht, dass sie  in Stuttgart ist, womöglich also im Stau steckt, wenn das Kind kommt. Wer über zu viel Stau in Stuttgart klagt, hat Alternativen: Entweder er kommt gar nicht erst  hierher – oder fährt mit derSuper-Trouper- Stadtbahn. 

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