Hey Männer, wer von euch fühlt sich wie John Wayne oder Kirk Douglas?
Einsam sind die Tapferen!
An die Westernhelden dachte Cesc Gay, 46, als er das Drehbuch für den Episodenfilm „Ein Freitag in Barcelona“ schrieb, der Männer in der Mitte des Lebens verwirrt und neurotisch aufspürt. In Spanien war die gar nicht immer lustige Komödie, die mal an „Night on Earth“ erinnert, mal an Woody Allens Streifzüge durch New York, im Sommer 2012 ein Fest für Cineasten. Der Stuttgarter Verleih Camino hat sich mit Unterstützung der Filmförderung von Baden-Württemberg die deutschen Rechte gesichert. Bevor’s am 11. Juli damit bundesweit in die Kinos geht, war deutsche Premiere im Stuttgarter Metropol-Kino vor einem geladenen Publikum.
Es gibt keinen Schnitt, keine Zeitsprünge. Nur puren Dialog. Ein Film, in dem viel geredet wird. Oft über Sex – aber es wird keine Sex-Szene gezeigt. Auch Cesc Gay redet gern, wie nach dem Abspann klar wird. Mit dem Hauptdarsteller Javier Cámara, 46, tritt er vor den sich schließenden Vorhang. Während der Vorführung ließen sich die beiden in der nahen Schönbuch-Lokalbrauerei einen Rostbraten schmecken – nun kosten sie das Lob der deutschen Zuschauer. Der Regisseur verrät, wie ihm die Ideen für die Geschichten seiner acht Männer gekommen sind. „Ich habe mir überlegt“, sagt er, „wie John Wayne und Kirk Douglas reagiert hätten, wenn sie plötzlich Erektionsprobleme bekommen hätten oder Panikattacken im Aufzug.“
Oh Backe! Männer, die männlicher kaum sein könnten, müssen einen Kampf gegen sich selbst führen. Niemals hätten John Wayne und Kirk Douglas e gezeigt, dass sich hinter der Macker-Schale ein weicher Keks verbirgt. Heute soll der Mann seine neue Rolle finden, für die es keinen Oscar gibt.
Wer Gays Film gesehen hat, wird nicht mehr behaupten, Männer seien das starke Geschlecht. Wir sind in Wahrheit das schwache. Weicheier aller Länder, bekennt euch! Oder werdet niemals vierzig.
Auf der Leinwand geht es um Männer zwischen 40 und 55. Und im Saal fallen Frauen in diesem Alter auf, die riesige Popcorn-Kübel für 4,50 Euro mit sich führen. Männliche Premierengäste haben eher kleine Portionen und öffnen dafür den Bügelverschluss ihres Bieres, das es vom Sponsor kostenlos gibt. Auf meinen staunenden Blick entschuldigt sich eine dieser mit Knallmais überversorgten Frauen. Als der junge Mann an der Theke sie gefragt habe, was für eine Tüte sie wolle, habe sie gesagt „eine schöne“. Prompt sind wir mitten drin in einem der Kernthemen des Filmes. Zu Beginn einer Beziehung freuen sich viele auf was Schönes. Doch sie sind dem nicht gewachsen, was da auf sie zukommt.
In meiner Reihe zehn sind wir Männer in der Minderheit. Warum lockt „Ein Freitag in Barcelona“, ein Männerfilm, die Frauen an? Meine Nebensitzerin klärt mich auf: „Wir wollen endlich wissen, über was ihr Männer redet, wenn ihr euch trefft.“
Ein typischer Dialog unter erwachsenen Männern im Film. „Wie geht’s?“ – „Gut. Und dir?“ – „Gut“. Von ihren Frauen erfahren wir die Wahrheit: Der eine Freund ist gewalttätig, der andere leidet an „erektiler Dysfunktion“. Der Hypochonder hat Viagra geschluckt und sich mit einem Dauerständer in die Notaufnahme einliefern lassen. Aber beiden geht es „gut“.
Andere Protagonisten reden so endlos über ihre Probleme, dass man ihre Münder irgendwann am liebsten mit Popcorn zustopfen würde. Es ist nicht leicht, das richtige Maß zu finden zwischen Gefühlsarmut und Gefühlsüberschwang. Hormonell sind Männer auch im fortgeschrittenen Alter in Gefahr. In dem Film wird ein Familienvater, der nie was von einer Kollegin wissen wollte, plötzlich scharf auf sie, kaum, dass sie abgenommen hat. Die Kollegin schickt ihn voraus zum Oralsex an der Arbeitsstätte in die Umkleide – und lässt ihn dort ewig schmoren. Sie denkt gar nicht daran, ihm was Gutes zu tun, sondern macht ihm zum Gespött der Abteilung.
Oh Mann! John Wayne durfte stark sein – weiter nix. Wir Männer von heute sollen feinfühlig und zerbrechlich sein, gleichzeitig aber so tun, als seien wir überlegen. Eine kühle Flasche mit Bügelverschluss hilft gegen fast alles. Die gibt’s bei der Premierenparty im Wilhelmspalais. Ist so einfach, als Mann ein bisschen glücklich zu sein.