Die Einheit geht bis unten drunter. Was nach italienischem Macho klingt, ist in Wahrheit schwäbisch-sächsische Raffinesse. Zum 20. Geburtstag des Labels Bruno Banani plaudern die Macher aus dem Nähkästchen einer Unterhose – und meine Facebook-Freunde berichten über die erotischen Folgen.
Die Schwaben-Ossis gelten als Schrittmacher einer zuvor eher fein gerippten Langweiler-Branche. Für den Schritt des Mannes machten sie außergewöhnliches Marketing, das es bis ins Haus der Geschichte gebracht hat. Vor 20 Jahren joggte Agenturchef Gerhard Fischbach (einst Fischbach & Stoll in Herrenberg, heute Brand Agency im Stuttgarter Osten) durch den Schönbuch und überlegte: Wie nur könnte die Unterhosenmarke heißen, die der schwäbische Textilunternehmer Wolfgang Jassner in Chemnitz mit der Idee gründen wollte, Lifestyle nach amerikanischem Calvin-Klein-Vorbild auf deutsche nackte Männerhaut zu bringen? Schon rasten die Assoziationen los. Darauf muss man erst mal kommen bei ’ner Männerunterhose – auf eine lange krumme Frucht.
Bruno Banani. Der Sachbearbeiter der Treuhandanstalt fand’s ziemlich peinlich. „Einen dümmlicheren Namen“ – dieses Zitat ist überliefert – „hätten Sie sich wohl nicht einfallen lassen können.“
Bruno Banani klingt nach einem Italiener, der ganz nach dem Klischee wild gestikuliert, lauter als nötig ist, explodieren kann, aber auch verführen. Diesen Bruno Banani gibt es nirgendwo auf der ganzen Welt.Aber viele Kerle tragen ihn.
Meist sieht man sie nicht. Sie führt ein verstecktes Leben, und doch soll sie in entscheidenden Momenten anziehend wirken, also ausziehend. Die Unterhose ist ein Thema, das jeden betrifft, aber in der öffentlichen Wahrnehmung meist zu kurz kommt. Für diesen Blog habe ich Undercover-Recherche-Hilfe in meinem sozialen Netzwerk gesucht. „Männer, sagt mal“, schrieb ich an ein Dutzend und sicherte Verschwiegenheit zu. Niemals würde ich die Namen jener preisgeben, die Details aus ihrem Untendrunterleben verraten. „Wie viele Slips kauft ihr im Jahr? Wie oft wechselt ihr? Wie wichtig ist ein Label für erotische Zwecke?“ Es galt, knifflige Fragen zu beantworten.
Erotische Zwecke? „Nach allem, was man mir erzählt“, antwortet mein Facebook-Freund A., ein Künstler, „ist dem erotischen Zweck eher gedient, wenn die Slips unabhängig vom Label da sind, wo sie hingehören: rechts vom Bett neben dem Champagner-Kühler.“
Eiseimer für Schampus waren für die Großmutter von Facebook-Freund B. kein Thema. Sie machte sich stattdessen Gedanken um den guten Ruf. Der dürfe nicht in Gefahr sein, selbst wenn etwas Überraschendes geschieht. Deshalb hat sie ihrem Enkel den regelmäßig wiederholten Rat fürs Leben gegeben, niemals nachlässig bei der Wahl der Unterwäsche zu sein: Man müsse sich stets so anziehen, dass es niemals unangenehm werden könne, wenn man plötzlich vor einem Arzt stehe, etwa nach einem Unfall, und die Hosen runterlassen müsse.
Facebook-Freund C. erklärt sich im Chat zum Schotten. „Was tragen die unter ihrem Rock?“, fragt er und liefert die Antwort gleich selbst: „Im Winter Slips aus Wolle, im Frühjahr und Herbst welche aus Baumwolle und im Sommer gar keine.“ Alles hänge von der Temperatur ab. Freund D. bringt die Italiener ins Spiel – die sollten kein Vorbild sein: „Wenn du einen siehst, der sich ständig wie ein südländischer Mache in den Schritt greift, fragst du dich doch nur: Ist dem sein Slip zu eng oder hat der Kerl Sackläuse?“
Freund E. preist die Schweizer Kultmarke an, die angeblich bevorzugt von Hollywood-Stars und Königen getragen wird. „Also an meine Haut lass ich nur Sven und Zimmerli“, lässt er uns wissen. Sven ist sein Freund und Zimmerli ein Wäsche-Unternehmen, das 1871 im Schweizer Städtchen Aarburg gegründet wurde. Die Slips von Zimmerli seien weich, hochwertig und sehr teuer. Auf lange Sicht zahle sich der hohe Preis aber aus, meint E.: „Die kannste hundertmal waschen und nix leiert aus.“ Und woraus macht man dann mal Putzlumpen?
Die Häufigkeit ist bei meinen Befragten ziemlich relativ. Zwischen sechs und 16 Unterhosen im Jahr kaufen sie für sich, behaupten sie, wechseln aber angeblich alle täglich. Keiner kann’s überprüfen. Künstler A. er fällt mal wieder aus der Reihe. „Da die durchschnittliche deutsche Frau sieben Slips hat (für Sonntag, Montag etc.) und der durchschnittliche deutsche Mann zwölf (für Januar, Februar etc.) besitzt“, schreibt er, „treibe ich mit meinen drei Schubladen die Statistik nach oben.“
Noch etwas ist mir aufgefallen: Die Jüngeren, die ich befragt habe, versichern glaubhaft, entweder Bruno Banani nicht zu kennen oder nicht besitzen zu wollen. Die Fans des Labels sind mit dem Unternehmen wohl älter geworden. Und machen gern Späße. Facebook-Freund D. zählt zu den Älteren und hat mir diesen Witz geschickt: Sagt er: „Ich weiß nicht, warum du einen BH trägst – du hast doch nichts, was du da reintun kannst.“ Antwortet sie: „Du trägst doch auch einen Slip.“
So ein Slip kann also eine Mogelpackung sein,. Im Falle von David Beckham wird gern darüber gerätselt. Der schöne Brite ist nach Ende seiner Fußballkarriere Unterhosenmodel geworden und zeigt sich auf H & M- Pakatwänden immer mal wieder mit prall gefüllter Billigware, die er angeblich selbst entworfen hat. Ob er nun ganz einfallslos zwei Äpfel und eine Banane in die eigene Wäsche gesteckt hat, wie zu hören war, oder einen Strumpf, ist letzendlich unerheblich. Viel wichtiger war, dass er der langen Unterhose zum Comeback verhalf. Denn auch die gehört zu seinem Label. Zuvor galt sie als ziemlich unsexy. Doch nun können Männer wieder mit ihr los, gerade, wenn sie abends losziehen und bereit dafür sind, dass etwas Überraschendes geschieht. Womit wir wieder beim Champagner-Kühler werden – oder bei der Oma von Freund B.