Happy, alle happy! Aus immer mehr Städten werden Tanzfilme zum „Happy“-Hit von Pharrell Williams ins Netz gestellt. Aus Stuttgart sind’s gleich drei. Wie greifbar ist das Glück?
Wo bitte geht’s zum Hochgefühl? Stapelweise wird uns in den Buchhandlungen der Weg zum Glück gewiesen – in immer neuen Ratgebern, die uns mit Tipps überschütten wie „akzeptiere dich!“ und „glaub’ an dich!“.
Die Lektüre mag hilfreich sein, doch es gibt ein Mittel, das schneller wirkt. Die seitenlangen Ausführungen der Glücksforscher vermögen nicht, was US-Star Pharrell William in drei Minuten und 51 Sekunden schafft. Solange geht sein Hit, der Millionen von Menschen rund um den Globus happy macht.
Benedikt Lang, 34, Chef der Stuttgarter Filmproduktion Zadäsch Rocket Science (ZRS), hat erlebt, wie dieses Lied auch dann noch powert, wenn man es hundertmal gehört hat. In drei Nächten drehte er mit Kollegen nach dem Pharrell-Vorbild die Stuttgart-Edition, die in der ersten Woche über 100 000-mal geklickt worden ist. Zwischen halb eins und vier Uhr war das ZRS-Team unterwegs – denn dann sind sonst so belebte Orte wie Königsbau, Schlossplatz oder die Fußgängerzone menschenleer.Die Filmemacher stellten stets die Musik laut, nach der sich Schüler und Dozenten der New York City Dance School sowie Rapper MC Bruddaal vor den Kameras bewegten. Immer und immer wieder wurden die perfekt choreografierten Szenen wiederholt – doch die Wirkung ließ nicht nach. „Wir waren alle die ganze Zeit gut drauf“, hat mir Benedikt Lang berichtet, „man bekommt von diesem Song nicht genug.“
Ein Song als Happy-Pill, die gereizte Stimmung vertreibt und alles leicht macht. Ein Video-Phänomen: Die Zahl der Happy-Filme wird weltweit auf 400 geschätzt.
In dem Lied von Pharell Williams gibt’s eine schöne Metapher: Wie „ein Raum ohne Dach“ fühlst du dich, wenn du das Glück spürst: „Clap along if you feel like a room without a roof – because I’m happy.“ Und immer mehr klatschen und tanzen mit. Und immer mehr fühlen sich pudelwohl.
Die bisher erfolgreichste Stuttgarter Happy-Version ist zu einem überzeugenden Werbefilm für die Arbeit der jungen Agentur ZRS geworden, die alle Kosten dafür übernommen hat. Be happy and pay! „Wir wollen damit unsere Stadt promoten“, sagt Lang. Der Astronaut, das Markenzeichen der Agentur, darf in dem Film nicht fehlen. Man sieht den Weltraummann mit dem Affen vor dem Bahnhof oder auf der Karlshöhe. Die Reaktionen der Netzgemeinde ist überwältigend. Ein weiterer Stuttgart-Film, von „Tobiasentertainment“ bei You Tube gepostet, zeigt junge Menschen, die sich im Alten Schloss happy-tanzend tummeln.
Und auch der Radiosender Antenne 1 hat mit Moderator Oliver Ostermann eine tolle Happy-Version bei You Tube gepostet – nicht mit ausgebildeten Tänzern, sondern mit ganz normalen Menschen. Da sieht man etwa, wie der stellvertretende Programmchef im Pressehaus Stuttgart vor Happiness ausflippt und wie die Werbeabteilung vergnügt auf Stühlen hin- und herschaukelt.
So viel gute Laune steckt an. Die Antenne-Studios befinden sich im Pressehaus im ersten, wir von den Stuttgarter Nachrichten sind im dritten Stock. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis alle auf den Fluren des Pressehauses, im Aufzug oder in der Kantine nur noch im Pharrell-Williams-Glücksrhythmus wippen „Clap along if you feel like happiness is the truth.“ Kann es eine bessere Wahrheit als echtes Glück geben?
Doch wie lange bleibt das Glück? Man muss es genießen, wenn es da ist. Keiner weiß, wohin es gleich verschwindet.
Das Glück ist immer nur eine Momentaufnahme, kein Dauerzustand. Mit keinem Seil kann man es festbinden. Wenn alles immer glatt läuft, nutzt sich das Glück irgendwann ab und verliert an Intensität.
Von Günter Lemme, dem Dichter, Maler und früheren Wirt vom Hasenberg, gibt es dieses schöne Gedicht: „ Wie lang ist wohl das große Glück? / Und wie misst man das kleine? / Das Glück lebt nur vom Augenblick / hat keine langen Beine.“
Aber das Glück hat Beine zum Tanzen. Nicht jeder kann sich so professionell bewegen wie die Akteure in Langs Film. Zum Glück braucht das Glück keine Perfektion.
Happy ist, wer sich vergisst und einfach nur den Rhythmus küsst. Clap along!