Den „Point of Sale“ müsse sie bei ihrer neuen Arbeit immer im Blick haben, berichtete kürzlich eine Freundin vor Rostbraten und Spätzle. Wir hatten uns in einem urschwäbischen Lokal zum Abendessen und nicht zum Dinner verabredet. Doch Schwaben – spätestens seit dem gleichnamigen Kinofilm mit unserem Vorzeigelandsmann Walter Schultheiß wissen es alle – sind Global Player. Und die können deshalb auch ganz global outsourcen. Wer sagt schon auslagern? Das klingt lang nicht so powerful!
Beim Crowdsourcing mischen wir Schwaben ebenso eifrig mit. Crowdsourcing ist das Angeberwort für den Versuch, über das Internet eine Menge an Menschen zu gewinnen und deren Kreativität zu nutzen. Beim Crowdsourcing entdeckte ich nach unserer schwäbischen Point-of-Sale-Rostbratendebatte eine Tragetasche, auf der steht: „Ich gehe lieber einkaufen als shoppen.“ Der Verein Deutsche Sprache hat sie ins Netz gestellt.
Noch viel mehr Sprüche könnten die Kämpfer gegen Sprachpanscher auf Tragetaschen drucken. Hier einige Vorschläge: „Ich habe lieber Höhepunkte als Highlights.“ Oder: „Ich gehe lieber in Denkrunden als zum Brainstorming.“ Und: „Ich trage lieber Hemden als Outfits.“
Während ich darüber nachdenke, ob ein Leben ohne Outfit möglich ist, ertönt im Lokalressort der Stuttgarter Nachrichten ein Ruf, der zum Ritual geworden ist. „Konferääääänz“, schmettert der Chef. Dies dürfte all jene Bezieher dieses Blattes erfreuen, die sich über Anglizismen ärgern. Wir werden nicht mit dem Ruf „Miiiiiiiieting“ zusammengetrommelt. Dabei befindet sich die halbe Geschäftswelt auf „Meetings“, wenn wir sie anrufen wollen. Aber ihr Handy lassen die meisten immer noch an, um uns gleich abwimmeln zu können: „Ich bin gerade im Meeting – ich rufe gleich zurück.“
Gehen Sie, verehrte Leserinnen und Leser, lieber einkaufen als shoppen? Dann ist der Herbst in Stuttgart nichts für Sie. Das Gerber, das am Dienstag gestartet ist, lockt mit einer „Shopping-Mall“. Und auf der Heimseite, also der Homepage, des weiteren Einkaufszentrums, das im Oktober beim Hauptbahnhof folgt, heißt es: „Milaneo – immer neues Shoppen“. Menschen mit der Tragetasche des Vereins Deutsche Sprache werden wohl zu Hause bleiben. Übrigens ist die Nachfrage nach den Anti-Shopping-Taschen so groß, dass sie gerade vergriffen sind. Der Verein mit Sitz in Dortmund hat aber, wie man mir am Telefon versichert, Nachschub bestellt. Dieses „Ich gehe lieber einkaufen als shoppen“ sei wirklich ein Hit.
Wie tolerant sind die neuen Zentren? Dürfen wir bei ihnen, wenn wir nicht shoppen wollen, notfalls auch einkaufen?
Wenn die große Welt nach Stuttgart kommt, kann’s auch mal international klingen. Wäre, zugegeben, etwas befremdlich, würde sich ein spanisches Unternehmen wie Zara Home in „Zara Heim“ umtaufen, nur um deutsche Sprachschützer zu erfreuen. Die richtige Mischung macht’s, wie so oft im Leben. Die richtige Mischung aus deutscher und internationaler Sprache. Ein „Hingeher“ klingt bescheuerter als „Event“. Aber einen „Bad-Shop“ brauchen wir auch nicht. Mit dem Bad-Shop ist ein Geschäft für Badebedarf gemeint. „Bad“ bedeutet im Englischen schlecht. Wörtlich übersetzt heißt Bad-Shop also „schlechter Laden“. Will da etwa einer rein?
Die neuen Shopping-Zentren lassen meine Nachbarin übrigens kalt. Sie bestellt alles im Internet. Dies sei doch viel bequemer. Fast täglich kommt der Paketfahrer. Die Hälfte des Gelieferten gefällt ihr nicht. Das geht dann „Return to Sender“, sagt sie. Also zurück zum Sale-Point oder so. Ist das Shoppen auf Schwäbisch?