Nicht jede Werbebotschaft, die  vom Straßenrand knallt,  legt es darauf an, auf Anhieb  verstanden zu werden.    Litfaßsäulen und Plakatwände lassen uns gern  rätseln,  auf dass der  Groschen,  wenn er   denn gefallen ist, umso tiefer sitzt.

Man hat uns zum  „Umparken im Kopf“ aufgerufen   – es war der Aufschrei einer belächelten Automarke nach Anerkennung. „Nur mehr ist uns zu wenig“ – mit diesem Spruch gibt  ein   Zigarettenhersteller unverhohlen zu, dass er uns  Jahre raubt. Mehr Leben, so die   Ansage, ist  zu wenig, wenn man nicht raucht.

mitdemmannDoch wir müssen die Askese auch nicht zu weit treiben, will uns eine attraktive blonde Frau  sagen, die mich  dieser Tage  auf meiner Fahrt zur Arbeit aus einem Leuchtwerbekasten  angelächelt hat.

Typ Maria Furtwängler, dachte ich, ehe mir dieser  sonderbare Plakattext   auffiel.  Denn was   steht in weißer Schrift auf ihrer blauen Bluse? Ich musste zweimal hinschauen.  Auch  auf den zweiten Blick blieb die Gute  dabei. „Ich mach’s mit meinem Mann“, erklärt sie strahlend. Mich kann  sie nicht meinen. Es ist kein Flirtversuch.  Ich bin nicht ihr Mann.

Ist’s   eine so große Besonderheit, überlegte ich, wenn es eine Frau mit ihrem eigenen Mann „macht“,  dass man dies  im  Straßenverkehr   kundtun muss? Kommt dies heutzutage  etwa selten vor,   weil’s eine Frau in diesen modernen Zeiten eher mit dem Hamster, dem besten Freund ihres Mannes, der Nachbarin  oder  ihrem Dildo   tut? Oder soll mit diesen Plakaten der katholische Landesbischof  in Rottenburg erfreut werden,  wenn er nach Stuttgart kommt? Er würde sehen, dass die bunte Vielfalt zur  klassischen  Rollenverteilung zurückkehrt ist – die Ehefrau liebt ihren  Ehemann.  „Ich mach’s mit meinem Mann“  müsste dem Bischof gefallen – solange nicht  der    Stuttgarter  CDU-Kreischef  auf dieser Plakatwand abgebildet ist.

Mach’s gut! Mach’s halblang! Mach’s besser! Mach’s nach!  Mach’s mit!

Es war natürlich ein Plakat aus der „Mach’s  mit Kondom“-Kampagne  der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.  Die neuen Motive im Kampf gegen Aids  und andere  sexuell übertragbare Krankheiten   sind jetzt   bundesweit auf  über 65 000 Plakatflächen  zu sehen. Der Fachverband Außenwerbung stellt sie zur Prophylaxe kostenfrei zur Verfügung.

Ist die  Frau mit der blauen  Bluse, die es kirchlich  konform  mit dem  Gatten  macht,  eine Reaktion auf   frühere Proteste?  Bei einer alten   Staffel dieser Safer-Sex-Kampagne war mal  ein Mann zu sehen, der  den Ehering vom Finger streift. Dicker Text auf dem Plakat: „Ich will’s unartig.“

Ob unartig oder brav  – wer Krankheiten verhindern will, darf nicht moralisch werten.    So artig geht’s in der Familie der  Blauen-Bluse-Dame übrigens   gar nicht zu. Dies erkennt, wer das Kleingedruckte lesen kann – bei einer Werbung am Straßenrand  dürfte dies nicht allen gelingen. Also: Die Frau auf dem Plakat will mit ihrem Mann über „STIs“ sprechen,  wie die sexuell übertragbaren Infektionen genannt werden. Es könnte sein, dass der Gatte von einem   Seitensprung  was mit nach Hause gebracht  hat. „Süße“, könnte er sagen, „wart  noch, wenn du’s mit mir machen willst – ich muss erst was gegen meine Filzläuse  machen.“

Doch dann sagt die Frau  vielleicht:  „Ich hab’ genug von deinen Machwerken!“ Und reißt nicht ihre blaue Bluse runter,  sondern die Plakate vom Straßenrand. Hauptsache, wir haben darüber gesprochen.

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