Tragen Sie, liebe Leserinnen und Leser, eine Uhr am Handgelenk? Nein? Das ist nicht gut. Denn eine ganz normale Armbanduhr – also keine  Watch mit  Apple drauf –  könnte Sie vor einer neuen  Form von Abhängigkeit  schützen.

Zwei   Forscher aus Ulm, so steht’s in der neuen  Ausgabe des „Spiegel“, haben herausgefunden, dass armbanduhrlose Zeitgenossen anderthalbmal so lange wie alle anderen auf ihr Taschentelefon starren und   daher anfälliger für die immer stärker  um sich greifende Smartphone-Sucht sind. Viele würden regelmäßig ihr Handy zücken, um  die   Uhrzeit zu checken – doch dann die  günstige Gelegenheit nutzen,  um bei  Whats-App, Facebook oder sonst wo im  Netz  vorbeizusurfen. 

Ertappt! Schon lange trage ich keine Uhr mehr. Das birgt die Gefahr, unsympathisch zu werden. Denn wer ständig   an seinem   Handy   rummacht, nervt wie Kettenraucher, steht im „Spiegel“. Die von ihrem Mobilgerät Getriebenen werden wie Nikotinabhängige oder Alkoholiker  als schwach, krank   oder charakterlos eingestuft. Das Smartphone ist auch flach, Mann!  Laut  einer Studie greifen  Süchtige  alle 18 Minuten  danach.

Für Menschen, die die Welt nur durch ihr kleines Spielgerät sehen, dürfte es schwierig werden, wenn sie einmal das geplante Haus der Stille beim Dornhaldenfriedhof besuchen. Die  Initiative, die von der Stadt den Zuschlag erhalten hat,  das frühere, seit fünf  Jahren leer stehende  Garnisonsschützenhaus (Foto oben von Michael Haußmann) zu einem Ort des Innehaltens umzubauen, diskutiert  gerade, ob man Smartphones beim Betreten des Kulturdenkmals  verbieten soll.

Je hektischer und lauter es in einer Großstadt ist, desto größer wird der Drang,  dem Lärm und Stress zu entfliehen. Hier oben auf der Dornhalde will man die Sehnsucht nach der Ruhe stillen.

Wer es nicht schafft, von Zeit zu Zeit die Pausentaste zu drücken,  könnte   von sich selbst ausgebremst werden – vom eigenen Körper, der mit  Krankheit reagiert. Pssst! Schweigeklöster haben Zulauf. Der Markt für  Wellness  boomt.  Bundesweit wächst die Zahl der Stille-Häuser,   ob von Kirchen  oder Yoga-Schulen  getragen, in denen man  weniger die akustische Stille sucht als die  Stille in sich selbst.

Das Garnisonsschützenhaus auf der Dornhalde soll zum Haus der Stille werden

Das Garnisonsschützenhaus auf der Dornhalde soll zum Haus der Stille werden

Die  Hochgeschwindigkeits-Kommunikation sorgt für den Gegentrend.    Stuttgarter Blogger, Kreative, Historiker und Naturfreunde haben sich zu der Initiative für das 1893 erbaute Garnisonsschützenhaus  zusammengetan.  Sie wollen eine  Bürgergenossenschaft  bilden, um die Sanierung des Ensembles (auch  ein   Nebengebäude und   ein Garten gehören dazu)  zu finanzieren,  das im Besitz der Stadt bleibt. Wer sich mit 1000 Euro beteiligt, kann sein Geld jederzeit aus dem Projekt holen  – bei einer Rendite von zwei Prozent.  Das Haus der Stille soll die   Abschieds-  und Trauerkultur pflegen, Angebote zum Rückzug  und  Verschnaufen  bieten sowie das Bewusstsein für  Naturschutz stärken. Trauergesellschaften des nahen Friedhofs  und viele andere könnten einen der beiden Veranstaltungsräume nutzen, Stipendiaten sollen einziehen, an eine Ausstellung ist gedacht, an ein ehrenamtlich betriebenes  Café   sowie an einen „Garten der Stille“

Christian Dosch

Christian Dosch

Hört sich gut an. Die Initiative  um den Filmschaffenden Christian Dosch muss jetzt richtig    Gas geben, weil der Gemeinderat bereits im Sommer Klarheit über Nutzung und   Finanzierung haben will. An Ruhe ist  also  nicht zu denken.

 Ruhe ist ein seltenes Gut im Getriebe einer Großstadt.  Selbst wenn wir  keine Uhr am Arm tragen, lässt sich die Zeit nicht anhalten.  Aber innehalten – das kann man zu jeder Zeit.,

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