Ach, ist das lange her! Wenn wir als Kinder was ausgefressen hatten, gab’s eine Höchststrafe, vor der wir uns alle fürchteten: „Ihr dürft heut’ nicht fernsehen!“
Diese Eltern-Drohung hat von Generation zu Generation an Schrecken verloren. Die Kids von heute wollen nicht mehr, was uns wichtig war. Sie wollen gar nicht fernsehen. Lieber tummeln sich die Jungen im Netz, schauen Filme bei Youtube, stehen auf Facebook, Instagram, Snapchat, Twitch oder Minecraft.
Würden ihre Eltern „Ihr dürft heut’ nicht twitschen“ sagen, sobald sie zu bestrafen gedenken – die Alten wüssten nicht mal, was sie da verbieten.
Die frühkindliche Medienprägung erfolgt heute am Touchscreen, also am Second Screen – für den First Screen, also fürs klassische Fernsehgerät, scheint verloren, wer unter 20 ist. Dies sorgt bei öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten für Zukunftsangst. Am 1. Oktober starten sie in Mainz und aus Filialen wie Baden-Baden ihr Jugendprogramm für 14- bis 29-Jährige. Auf vielen Netzkanälen soll es sich ausbreiten, aber nicht auf dem old-fashioned Glotzofon. Die Anstalten sind leicht nervös. Nichts wollen sie falsch machen. Es steht viel auf dem Spiel.
Journalisten hatten kürzlich ihren Spaß, als Intendant Peter Boudgoust bei der SWR-Jahrespressekonferenz Neues vom Jugendkanal verkündete („Da sollen Dinge ausprobiert werden, die zeigen, dass wir nicht altbacken sind“) und den Experten über Skype aus Berlin zuschalten ließ. Eigentlich hätte Florian Hager, der Gründungsgeschäftsführer des Online-Jugendangebots von ARD und ZDF, nach Stuttgart kommen sollen. Doch Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte ihm am selben Tag in Berlin ein Treffen versprochen – klar, was Vorrang hatte.
Ausgerechnet an dem Tag, als der SWR sich als zukunftsgewandt, modern und voll cool präsentieren wollte, war die Skype-Verbindung grottenschlecht. Man verstand Herrn Hager kaum. Vielleicht war ihm das nicht unrecht. Denn die Journalisten in Stuttgart konnten linksrum oder rechtsrum nach dem Namen des Jugendkanals fragen – er wich beharrlich aus. Der 39-Jährige hatte was vom Pudding, den man an die Wand nageln will. Er nuschelte wie ein Politiker was von Inhalten, die man erst klären müsste. „Sagen Sie einfach, dass Sie den Namen nicht verraten“, meinte schließlich eine Journalistin genervt. Ein anderer Kollege hatte eine Idee: „Soll er den Zuckerberg fragen – vielleicht weiß der einen Namen.“
Gute Namen sind zur Markenbildung extrem wichtig. Eine Marke soll Emotionen wachküssen, Vertrauen erwecken, Kundenbindung schaffen. Die stärksten Markennamen sind unverwechselbar, prägnant, merkfähig, auf die Zielgruppe zugeschnitten. Je besser ein Name ist, umso erfolgreicher der Wiedererkennungswert und die Abgrenzungschance zur Konkurrenz. Solche Weisheiten kann man im Leitfaden für Marketing nachlesen. Da steht, wie wichtig Brainstorming ist. Man muss 1000 noch so dumme Vorschläge machen, um 999 zu streichen.
Also brainstormen wir. Hier schon mal fünf Namensvorschläge fürs Jugendprogramm, das voll bambus werden muss (bambus ist das neue cool):
Oggi (für Oggenhausen, wo Multi-Kanal-Chefmanager Hager geboren ist)
Nix für Boudis (nichts für die Boudgoust-Generation)
Smombie-Sender (ein Smombie ist jemand, der gebannt auf sein Smartphone schaut und damit wie ein Zombie durch die Gegend läuft)
Flori & Zucki (Florian Hager und Mark Zuckerberg als Comic-Helden).
’s SWRle
Alle fünf Vorschläge sind total schlecht. Bitte streichen! Stimmt, Herr Hager, es ist verdammt schwer, einen guten Namen zu finden. Weiß man eigentlich, was die Zielgruppe von No-Name-Produkten hält?