Acht Rosen sind zu sehen in einer weißen Schale mit grünen Punkten. Das Foto davon schmückt das Plakat, das gleich am Eingang der Buchhandlung Seiffert in Leinfelden hängt. „Ein Laden, der Glück verkauft“, steht auf diesem Plakat in weißen Lettern. Die Buchhandlug wirbt für den Roman von Beth Hoffmann mit diesem Titel – und erzählt gleichzeitig ihre eigene Geschichte damit. Es ist eine Geschichte, der man das Happy End auf den letzten Metern geraubt hat. Nach 40 Jahren schließt Seiffert am 13. Januar 2023 für immer – an einem Freitag, dem 13.
Wo bitteschön soll‘ ich künftig das Glück kaufen? Um nicht immer nur meine eigenen Bücher zu verschenken, hab‘ ich oft bei Seiffert was für Geburtstage gefunden und mich auch gern treiben lassen von den schön präsentierten Angeboten zum Selberlesen. Wo finden wir nach dem Freitag, dem 13. unweit unserer Haustür die kleinen Glücklichmacher auf bedruckten Seiten, die wir eben nicht bei Amazon bestellen wollen? Ist das Glück nun ausverkauft?
Dass Sabine Brauer-Seiffert mit bald 65 Jahren aufhören will, ist verständlich. Gleich zweimal ist ihr Wohlfühlort auf 90 Quadratmetern mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet worden. Noch vor Weihnachten hieß es, dieser besondere Buchladen mit herausragendem Einsatz für die Lesefreude sei gerettet. Und nun hängt an der Tür für mich völlig überraschend ein Zettel zum Abschied. Die Eigentümerin des Geschäfts hat wohl doch keinen Mietvertrag mit den jungen Nachfolgern schließen wollen, die Frau Brauer-Seiffert nach langer Suche gefunden hat. Bevorzugt die Immobilienbesitzerin eine andere Branche für den Laden, weil sie einer Buchhandlung nicht mehr traut, so viel erwirtschaften zu können, dass die Miete immer sicher ist?
Ein Buchladen nach dem anderen verschwindet aus meiner Umgebung. Von der Buchhandlung Musberg bis zur Schillerbuchhandlung in Vaihingen – alle weg. So traurig! Hab nicht immer Zeit, runter in die Stadt zu fahren, um in den Ketten einzukaufen. Wer schützt die Hüter des Worts? Sind wir selbst daran schuld, weil wir Bücher viel zu oft per Klick bestellen und die kleinen Buchläden gegen die übermächtige Online-Konkurrenz zu Verlierern machen?
„Du öffnest die Bücher, und sie öffnen dich.“ Diese schöne Erkenntnis des Schriftstellers Tschingis Aitmatow wird gern zitiert, wenn es um die Leidenschaft geht, die gedruckte Wörter wecken können. Öffnen? Das Gegenteil ist der Fall – es wird geschlossen!
Es reicht nicht, dass wir das Sterben kleiner Buchläden bedauern – wir müssen die verbleibenden Geschäfte auch mit dem Einkauf unterstützen! Online mag der einfachere Vertriebsweg sein, um eine Bestellung abzuwickeln. Viele Buchhandlungen indes haben eine Seele. Sozial und kulturell sind sie wichtig. Bei ihnen kann man stöbern, staunen, sich beraten lassen – und es riecht so gut in Büchern! Der Kauf im stationären Handel kann eine Überzeugung ausdrücken, ein Zeichen setzen, für ein Kulturgut was zu tun.
Ein Dankeschön an Frau Brauer-Seiffert für ihr Lebenswerk, für ihre große Leistung in 40 Jahren! Gerade weil wieder mal eine vorbildliche Buchhandlung verschwindet, müssen wir alle fürs Glück trommeln. Wir brauchen mehr Läden, die Glück verkaufen!