Einen Satz gibt’s, den ich in meinem Berufsleben immer wieder höre: „Sie sind der Erste, der’s erfährt.“ Diesen Satz sagen Menschen, die noch nichts sagen können oder sagen wollen. Sie versprechen mir Exklusivität, damit ich mich zufrieden gebe, noch nicht alles offiziell zu erfahren, auch wenn ich das meiste schon weiß.
„Sie sind der Erste, der’s erfährt.“ Schon vor einem halben Jahr hat’s mir der Kinounternehmer Heinz Lochmann versprochen. Schon damals war klar, dass dieser kinoverrückte Schwabe das denkmalgeschützte Metropol übernehmen wird. Verhandlungen mit der Union Investment, der Eigentümerin dieses geschichtsträchtigen Orts, in dem sich der alte Stuttgarter Bahnhof befand, sind aber ein hartes Stück Arbeit. Monatelang ist um die Details des Mietvertrags gerungen worden. Dann endlich war die Einigung geschafft. Lochmann wollte sein Versprechen wahr machen und mich anrufen. Aber noch war der unterschriebene Vertrag nicht von den Immobilienbesitzern zurück aus Frankfurt mit der Post. Die Union Investment wollte selbst die Überbringerin einer guten Nachricht sein – und war diesmal richtig schnell. In der Vergangenheit hab‘ ich oft warten müssen, bis eine Antwort kam auf meine Anfragen. Jetzt aber schickte die Investmentgesellschaft ruck-zuck eine Pressemitteilung, um Stuttgart zu erfreuen, noch bevor es Heinz Lochmann tun konnte. Das Metropol bleibt ein Kino!
Na also, happy end im über zweijährigen Kampf um die Zukunft des alten Bahnhofs. Wird’s gar ein happy start für Neues an der Bolzstraße, for cinema and more? Auch wenn die kleine Geschichte ums Verkünden des Vollzugs nett ist, ums Wetteifern, wer damit zuerst raus geht, spielt sie überhaupt keine Rolle. Viel wichtiger ist: Kultur hat gesiegt! Schon vor zwei Jahren, als die Innenstadtkinos das Metropol verließen, weil ihnen die Miete zu teuer geworden war, wollte Heinz Lochmann übernehmen. Damals durfte er nicht. Die Union Investment hatte stattdessen einen Vertrag mit den Betreibern von Boulderhallen aus dem Osten Deutschlands unterzeichnet. Das Klettern gehöre die Zukunft, nicht den Kinos, hörten wir. Die Boulder-Chefs sind abgestürzt mit ihren Plänen. Wessen Verdienst es war, dass bald wieder Filme laufen am angestammten Platz? Mich amüsiert’s, wie in den sozialen Medien jetzt darüber gestritten wird, wer da alles von sich behauptet, der Kinoretter zu sein.
Jetzt fehlt nur noch, dass ich auch noch meinen Hut in den Ring der ICH-WAR’S-ANGEBER werfe, weil ich als Berichterstatter für die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten monatelang die Sache verfolgt und die Leute der Boulder Elements GmbH und der Union Investment genervt habe mit Anfragen und Zeitungskommentaren. Mach ich natürlich nicht! Ist doch Quatsch. Viele waren’s! Da haben viele mitgewirkt, quer durch alle gesellschaftliche Gruppen und Parteien. Die Demonstrationen waren sehr wichtig, damit die Verantwortlichen in Frankfurt (Union Investment) und Leipzig (Element Boulders) sehen konnten, was Stuttgart nicht will. Aber auch der politische Wille fast aller Parteien blieb nicht ohne Folgen. Eine höchstpolitische Angelegenheit war’s also. Vielleicht haben die staatlichen Denkmalschutz-Prüfer deshalb ganz genau hingeschaut und die Sache nicht einfach nur durchgewunken. Das war der entscheidende Punkt: Das Baugesuch zum Bouldern wurde abgelehnt – und die Hausbesitzer mussten nun über ihren Schatten springen.
Lieber Herr Lochmann, Glückwunsch! Ganz fest drück ich die Daumen, dass Ihre Pläne aufgehen. Kino ist ein Ort zum Träumen. Ihre Hartnäckigkeit für Stuttgart zeigt: Träumen lohnt sich wieder! Das Metropol macht Mut für alles, was noch kommt. Wenn sich sehr viele einmischen, haben wir nun gesehen, können falsche Entscheidungen, die unserer Stadt nicht gut tun, rückgängig gemacht werden. Sind doch irgendwie traumhafte Aussichten.
P.S:. Die Blogfotos habe ich im Oktober gemacht, als der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) Baden-Württemberg das verwaiste Metropol für das dreitägige Festival „Architekturnovember“ wachgeküsst hat.